Unser wichtigstes Kommunikationsmittel ist unsere Stimme. Nicht nur für Berufssänger ist eine schöne und angenehme Stimme ein Muss. Für uns alle kann die Wahrnehmung und der Klang unserer Stimme „kriegsentscheidend“ sein.
Sie entscheidet über Sympathie und Antipathie, wie unsere Botschaft und das Gesagte bei anderen Menschen ankommen. Die Stimme entscheidet über unseren Erfolg bei der Partnerwahl und im Job, sogar über Sieg und Niederlage in Diskussionen.
Von nichts kommt nichts. Selbst die größten Sänger nehmen regelmäßig Gesangsunterricht und halten ihr körpereigenes Instrument in Schuss. Außerhalb der Bühne jedoch wird Stimmbildung leider oft vernachlässigt.
Die Entstehung unserer Stimme
Unsere Stimme wird im Kehlkopf durch Schwingungen unserer Stimmbänder oder eher unserer Stimmlippen gebildet. Diese Schwingungen erzeugen Töne, welche durch das An- und Entspannen der Stimmlippen reguliert werden.
Diese erzeugten Töne formen sich durch Luft im Rachen sowie in der Mund- und Nasenhöhle weiter. Die eigentlichen Worte bzw. Laute werden durch Zunge und Lippen gebildet. Der Grundstein der Tonerzeugung wird also mit Atmung in Zusammenspiel mit den Stimmlippen gebildet.
Rachenraum, Mund- und Nasenhöhle, Zunge, Lippenform und sogar unsere Zahnstellung beeinflussen das Klangbild und die Klangfarbe unserer Stimme und das sogenannte Timbre. Die Stimme ist ein Zusammenspiel von bestimmten Muskeln, und Muskeln lassen sich trainieren.
Was beeinflusst den Klang unserer Stimme?
Neben dem unverwechselbaren Timbre unserer Stimme können verschiedene Faktoren den Klang und somit die Wirkung beeinflussen. An so gut wie allen Faktoren kann durch Training oder manchmal sogar kleinen Korrekturen gearbeitet werden.
Die Stimmung
Unser Gemüt und die Stimmung hat entscheidenden Einfluss auf den Klang unserer Stimme. So bemerken wir oft schon durch die Stimme am Telefon, ob es einem Freund gutgeht oder nicht. Dies liegt im Wesentlichen an unserer Atmung, die bei Trauer, Wut oder Freude anders funktioniert.
Kaum jemand hat Einfluss auf seinen Gemütszustand. Als professioneller Sänger oder Schauspieler sowie im Business jedoch dürfen diese Emotionen keinen Einfluss auf unsere Stimme nehmen. Sie muss wie gewünscht funktionieren.
Der Schlüssel liegt hier in kontrollierter Atmung, die Teil der Stimmbildung ist.
Die Körperhaltung
Neben der Aussagekraft und unserer Ausstrahlung hat Körperhaltung auch wesentlichen Einfluss auf die Stimme an sich. Eine gerade Haltung sorgt für einen gehobenen Brustkorb und freie Atemwege. Ideale Bedingungen für eine optimale Stimmentfaltung.
Das Geschlecht
Männer haben tiefere Stimmen als Frauen. Das ist durch die Länge der Stimmbänder bedingt. So haben Babys und Kinder meist sehr helle Stimmen, da ihre Stimmbänder noch sehr kurz sind. Männer haben längere und dickere Stimmbänder. Da diese langsamer schwingen, ist die Stimme dunkler.
Warum Stimmbildung?
Unter Stimmbildung versteht man die Ausbildung der Stimme, sei es zum Singen oder zum Sprechen.
Klingt eine Stimme in den Ohren anderer unangenehm, also zu laut, schrill, leise oder unruhig, hört man demjenigen nicht gerne zu. In Situationen, in denen wir einander gegenübersitzen, sind es noch immer 40 % unserer Wahrnehmung, die auf die Stimme und den Tonfall des anderen fokussiert ist.
In Zeiten von Podcasts, Voicemails, Telefonkonferenzen und Co. Liegt die Quote erheblich höher. Stimme wird immer wichtiger. Unsere Stimme beeinflusst also, wie wir wahrgenommen werden.
Wie wirkt unsere Stimme auf andere?
Stimme hat großen Einfluss auf unsere Wirkung. Oft ist die Stimme sogar wichtiger als das, was gesagt wird. Durch Stimmbildung kann die Wahrnehmung anderer Menschen maßgeblich beeinflusst werden.
- Eine unrhythmische und eher stockende Stimme wird den Zuhörer wenig überzeugen und lässt uns unsicher und dilettantisch wirken.
- Eine nasale Stimme lässt uns unsympathisch, pikiert und arrogant wirken.
- Warme und ruhige Stimmen entspannen das Gegenüber und machen sympathisch.
- Eine eher scharfe Stimme erlangt Aufmerksamkeit, kann jedoch schnell aggressiv wirken.
- Eine pathetische, aufgesetzte Art zu sprechen kann unehrlich und zu aufgesetzt wirken.
Allerdings gibt es auch gesellschaftliche Präferenzen, die je nach Position, Rolle und Geschlecht variieren können.
So wirken sehr tiefe Männerstimmen anziehend auf das weibliche Gehirn. Sie transportiert die Signale: Testosteron, Stärke und somit Männlichkeit und Fruchtbarkeit. Hören Frauen beispielsweise am Telefon eine tiefe Stimme, entsteht ein Bild von einem muskulösen, starken Mann.
Im Gegensatz dazu wirken bei Frauen hohe Stimmen attraktiv, da es den Beschützerinstinkt der Männer weckt. Natürlich wird eine hohe Stimme bei Männern, die selbstbewusste Frauen anziehend finden, eher abschreckend wirken. Politikerinnen zum Beispiel trainieren für ein dunkleres Timbre.
Tiefe Stimmen bleiben Forschungen zu Folge besser in Erinnerung. Extrem hohe oder gar piepsige Stimmen lösen in Zuhörern Stress aus, sodass es schwerfällt, dem Gesagten zu folgen. Doch obwohl tiefere Stimmen wohlklingender sind, knarrende Stimmen sind für den Sprecher von Nachteil.
Eine knarrende Stimme beinhaltet einen kratzigen, vibrierenden Ton, den sogenannten „fry“. Diese Stimmstörung oder Dysphonie sorgen Studien zu Folge sogar dafür, dass aufgrund negativer Assoziation des Gegenübers sogar Menschen nach Jobinterviews nicht eingestellt worden.
Diese Negativbelastung betraf vor allem die betroffenen Frauen.
Übrigens: Das der Schock Effekt beim Hören der eigenen Stimme nicht erkannt wird und vollkommen fremd klingt, hat anatomische Gründe. Wir hören unsere Stimme durch unsere eigene Knochenleitung, was sie für uns tiefer und satter klingen lässt als auf Tonband oder in der Voicemail.
Was beinhaltet Stimmbildung?
Es wird, je nach Bedarf und gewünschtem Ergebnis, zwischen verschiedenen Arten der Stimmbildung entschieden:
- Ausbildung einer professionellen Sprech- und Gesangsstimme
- Stimmarbeit für den funktionalen Gebrauch (nach Entstehung oder zur Vermeidung von Krankheiten und Stimmschäden)
Bei der reinen Stimmbildung werden grundlegend folgende Bestandteile berücksichtigt:
- Atemtechnik, Atemübungen, An und -Entspannungstechniken
- Sprechtraining
- Gesangstraining
- Ausbau von Tragfähigkeit der Stimme
- Erhöhung der Stimmbelastung
- Lautbildung / Phonetik
- Klangfärbung und Körperhaltung
Oftmals gehören nach dem Grundstein der Stimmbildung auch noch das Training von Formulierung, Rhetorik, Vortragskunst, Körpersprache und Raumverhalten zur Fortbildung.
Beeinflussung der Klangfarbe
Ob Musical, Pop oder Soul, jeder ausgebildete Sänger kann seine Klangfarbe gezielt seinem Genre entsprechend trainieren. Ebenso ist es Rednern möglich, ihre eigene Klangfarbe so zu beeinflussen, dass sie zum gewünschten Schwerpunkt passt.
Ein Politiker beispielsweise benötigt eine andere Klangfarbe als ein Hochzeits- oder Trauerredner. Doch auch wer nicht professionell singt oder spricht, kann sich beispielsweise eine wärmere oder festere Klangfarbe erarbeiten.
Sänger von Coverbands, die verschiedene Künstler covern, müssen sich sogar schnell andere Klangfarben in ihrer Stimme bedienen können, damit der Song wie der des Originales klingt. Auch bei Imitatoren und Improvisatoren kann man diese Kunst beobachten.
Für wen eignet sich Stimmbildung?
Die Stimme ist für jeden von uns ein wichtiges Tool in Bezug auf Kommunikation. Sei es im Business oder privat, die Macht der Stimme ist allgegenwärtig. Stimmbildung kann sich also jeder zu Nutze machen, ganz egal ob zur Persönlichkeitsentwicklung, Stärkung des Selbstvertrauens oder im Beruf.
Für einige Berufe ist es neben dem positiven Effekt auf die Zuhörer sogar gesundheitlich notwendig, durch Stimmbildung seine Stimme zu trainieren und zu stärken.
Vielredner
Bei der Ausübung verschiedener Berufe ist die Stimme täglich stundenlang enormer Belastung ausgesetzt. Dennoch muss die Stimme ohne Einschränkungen funktionieren und je nach Berufsgruppe Autorität, Lebensfreude oder Motivation transportieren.
Zu diesen Berufsgruppen gehören unter anderem:
- Lehrer/innen
- Call Center Agenten
- Referenten
- Trainer / Coaches
- Seminarleiter
Sänger und Schauspieler
Einer anderen Art von Belastung ist die Stimme von Sängern, Schauspielern, aber auch von Radiomoderatoren ausgesetzt. Meist wird hier regelmäßiges Training der Stimme als Pflege des Arbeitsinstrumentes betrachtet.
Sind Stimmen über Jahre enormen Belastungen ausgesetzt, kann es zu dauerhaften und irreparablen Schäden führen. Schließlich läuft auch niemand ohne regelmäßiges Training Marathon.
Stimmbildung nach Krankheit
Eine Stimmstörung, eine sogenannte Dysphonie, kann verschiedene Ursachen haben.
- Verletzungen nach Operationen
- Chronische Entzündungen
- Größe und Form des Kehlkopfes
- Dauerhafte Überlastung
- Stress, Depressionen oder längere Krisen
- Allergien
- Hormonelle Faktoren
Neben medikamentösen oder teilweise operativen Behandlungen ist die Stimmbildung ein großer Faktor in der Behandlung der Dysphonie. Selbst nach Entfernung des Kehlkopfes kann der Patient durch Training wieder eine Stimme entwickeln und weiter kommunizieren.
Stimmtherapie beinhaltet bei Patienten mit Stimmstörungen unter anderem Stimm- und Atemübung, An- und Entspannung der Stimmbänder bzw. Stimmlippen und die Stärkung der Belastbarkeit der Stimme.
In den meisten Fällen nimmt eine Stimmstörung mit intensiver Stimmbildung im Vergleich einen durchaus positiven Verlauf. In vielen Fällen kann oder hätte eine Stimmstörung jedoch bereits vor ihrem Auftreten durch regelmäßiges Training und rechtzeitige Stimmbildung verhindert werden können.